Der Bedarf, den ein PIM abdeckt, lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen: Ein mittelständisches Unternehmen „X", welches Kleidung vertreibt, hat dies bisher ausschließlich über den stationären Handel und über Print-Kataloge getan. Das heißt, die Kunden konnten das Kleidungsstück auf zwei unterschiedlichen Kanälen erwerben; im Geschäft oder per Bestellschein/Telefon aus dem Katalog heraus. Ein mögliches Problem für das Unternehmen lag darin, dass die Kanäle untereinander nicht kommunizierten. So gab es etwa in der Filiale eine Aktion, in der mehrere Produkte als ein „Kit“ - also gebündelt - verkauft wurden. Dies war jedoch im Katalog so nicht abgebildet. Dadurch, dass beide Systeme keine gemeinsame Datenquelle für ihre Produkte hatten, stellten sie wiederholt ungleiche Informationen bereit. Damit konnte die leitende Unternehmerin bisher leben, denn sie versuchte die Datenqualität durch manuelle Pflege hochzuhalten, was ihr sogar weitestgehend gelang - wenn auch bei beträchtlichem Aufwand.
Nun kommt es aber dazu, dass das Unternehmen durch das fortschreitende Zusammenwachsen des Online-Handels mit dem stationären Handel auch online seine Ware veräußern will. Damit steht die Unternehmerin vor der Aufgabe, einen weiteren Kanal mit Produktdaten zu befüllen, diese Daten in einem weiteren System zu pflegen, mit den anderen Kanälen abzugleichen und aktuell zu halten. Der administrative Aufwand würde immens steigen. Jedes Kleidungsstück, das von dem Unternehmen vertrieben wird, verfügt über eine Vielzahl von relevanten Informationen: Größe, Länge der Ärmel, Farbe, Abschnitt uvm. Dazu kommen noch Beschreibungen in Textform, Bilder aus verschiedenen Winkeln, ggf. Videos.
Eine Bluse beispielsweise gibt es in fünf Größen und sechs Farben - das macht allein 30 verschiedene Varianten eines Kleidungsstücks. Wenn dann noch verschiedene Sprachen hinzukommen, vervielfacht sich dieser Wert. Um dem Aufwand einer getrennten Pflege über die drei Kanäle zu vermeiden, möchte die Unternehmerin die Produktdaten nun zentral pflegen. Und spätestens hier kommt das PIM ins Spiel. Hier werden all die genannten Informationen verwaltet.
PIMs ermöglichen Omni-Channel Vernetzung
Diese immense Anzahl an Daten, mit denen das PIM gefüllt wird, ist im Online-Vertrieb enorm wichtig. Denn der Kunde hat erstmal keine Möglichkeit, die Ware - anders als in der Filiale - anzufassen oder anzuprobieren. Er kann lediglich anhand der angebotenen Assets (Beschreibungen, Bilder, Videos) eine Kaufentscheidung treffen. Da die Anforderungen an Produktdaten im Online Handel so groß sind, benötigt das Unternehmen Unterstützung durch Systeme, mit denen es diese Datenmengen bewältigen und seine Produktinformationen - die sich vorher auf mehrere Systeme verteilt haben - zentral pflegen kann. Das PIM dient dann als zentraler Speicher für diese Informationen. Alle anderen Kanäle bedienen sich daraus, was sicherstellt, dass die Informationen vergleichbar sind, Änderungen nur einmal vorgenommen werden müssen und Datenredundanzen vermieden werden. Es kann trotzdem dazu kommen, dass ein Kanal (z.B. der Katalog) über mehr Angebot verfügt als ein anderer (Filiale). Aber die vergleichbaren Informationen sind identisch. Auch kanalspezifische Sonderfälle, wie etwa unterschiedlich lange Texte, Bilder oder Bestellnummern lassen sich durch ein PIM gut abbilden. Hier sprechen wir vom „Omni-Channel-Handel“, einer vollständigen Vernetzung aller Verkaufskanäle.
Mehr als nur ein Datenspeicher
Ein solches System verwaltet nicht nur die Informationen, welche die Kunden sehen wollen. Es gibt noch wesentlich mehr Anforderungen: es muss sicherstellen, dass die Daten für Mehrfachnutzungen über mehrere IT-Systeme, Ausgabemedien, Sprachen und Währungen ausgegeben werden. Die Internationalisierung spielt für Unternehmen heutzutage eine elementare Rolle. So müssen digitale- und Print-Kataloge in mehreren Sprachen bereitgestellt werden, bei zum Teil unterschiedlichen Preisen und unterschiedlichem Datenumfang. So gibt es Märkte, die in den Beschreibungen üblicherweise deutlich mehr Assets verwalten, da die Kunden es gewohnt sind, dass das Produkt von jedem verfügbaren Winkel fotografiert ist. Dass der jeweilige Datenumfang gewährleistet ist (Stichwort: Datenqualität), ist Aufgabe des PIM und ein enormer Gewinn für Kunden und Unternehmen. Außerdem stellt ein PIM Informationen wie Taxonomien, Produktverknüpfungen und Produktfamilien bereit, die für die Einordnung der Produkte und ihrer Merkmale wichtig sind. Informationen also, die weit über den Austausch von simplen, zweidimensionalen Produktsätzen hinausgehen - und das von der Einführung des Produktes bis zum „End-of-Life“.
Die Unternehmerin aus unserem Beispiel nutzt die Daten im PIM also, um den Kunden optimal mit Informationen versorgen zu können. Aber auch in den Unternehmensbereichen „Einkauf“, „Produktion“ oder „Logistik“ und ihren jeweiligen Prozessen spielt das System als zentrale Informationsquelle eine Rolle.
Wer ein PIM entwickelt, muss dies also für verschiedene Zielgruppen mit unterschiedlichen Anforderungen tun. Denn je nach Ausrichtung des Unternehmens (B2C, B2B, B2E…) gibt es unterschiedliche Anforderungen. In der Regel steht ein solches „personalisiertes“ System nicht zur Verfügung, was zu diversen Problemen in der Handhabung führt, da die Unternehmen ihre Use Cases nicht abdecken können.
Defizite der Standard-PIM Systeme
Die heutigen PIM-Standardsysteme, die Händlern und Unternehmen zur Verfügung stehen, sind oft nicht an die Geschäftsprozesse der Kunden angepasst und lassen sich nur schwer in deren Systemlandschaften integrieren. Die Händler haben also Mehrarbeit damit, das Produkt für sich passend zu machen. Dies zeigt sich zum Einen in den Prozessen, die dadurch aufwändiger sind, zum Anderen in der unflexiblen Abbildung der Produktstruktur, die technische Workarounds notwendig macht.
Dazu kommt eine überladene Benutzeroberfläche, in die sich die Nutzer erst aufwändig einarbeiten müssen und auf der man erst mit vielen Klicks zum gewünschten Ziel gelangt. Ebenso hoher Lernaufwand entsteht durch eine hohe Anzahl an Features, die zwar nicht unbedingt auf die Prozesse der Kunden passen, vom Nutzer aber angewandt werden müssen. So kann es passieren, dass das Standard-PIM Arbeitsabläufe integriert hat, die vom Nutzer durchlaufen werden müssen, für die eigentliche Tätigkeit aber gar nicht relevant sind.
So gesehen geraten die Unternehmen vom Regen in die Traufe - sie haben zwar endlich eine zentrale Lösung für ihre Datenpflege, sie passt jedoch nicht auf ihre Prozesse.
Mögliche Anwendungsfälle
Das Unternehmen profitiert von einem Produkt Informationssystem, wenn…
- sich die Prozesse des Unternehmens in Bezug auf die Produktpflege unkompliziert umsetzen lassen
- nach Produktfamilie, -gruppen und -varianten strukturiert werden kann
- alle Kanäle aus einer zentralen Stelle ihre Produktdaten beziehen
- die Produktdaten automatisch angereichert werden
- SEO-freundliche URLs angewandt werden
- es ein Berechtigungssystem für Mitarbeiter gibt
- die Produkte über den ganzen Lebenszyklus im PIM verbleiben
Ein Mitarbeiter könnte effizienter arbeiten, wenn…
- sich wiederholende Tätigkeiten vereinfacht werden
- sich die zu tätigende Arbeit sinnvoll anfühlt
- das PIM eine positive User Experience aufweist
- die Datenpflege sich einfach gestaltet
Ein Kunde des Online Shops würde profitieren, wenn…
- die Datenqualität hoch ist und alle nötigen Informationen für eine Kaufentscheidung bezüglich des Produkts zur Verfügung stehen
- die Informationen auf allen Kanälen die gleichen sind (hiervon profitieren insbesondere auch die Verkäufer in den Filialen)
- er oder sie sich im Katalog ein Kleidungsstück anschauen kann und es dann im Online-Shop bestellt
- die Informationen personalisiert werden können (wobei dies heute meist nicht möglich ist, weil die PIM-Systeme noch weit von den Touchpoints der Kunden entfernt sind)
- die Datenqualität automatisch kontrolliert wird und fehlende Daten zurückgemeldet werden
Data Consumer profitieren wenn…
- interne Data Consumer (wie etwa die Suchfunktion oder Produktempfehlungen), aber auch externe (wie etwa Produkt/Preisvergleichssysteme) profitieren genauso von einer zentralen Stelle der Produktdaten
Fazit
Das Beispiel, mit dem dieser Artikel begann, könnte selbstverständlich auch anders lauten. Das Unternehmen „X“ könnte seine Waren bereits über einen längeren Zeitraum online vertreiben und pflegt diese Daten genauso lange, aber ohne ein PIM. Es läuft auf das selbe Problem hinaus: die Datenverwaltung in unterschiedlichen Systemen.
Ein PIM bietet Vorteile für alle Handelsbeziehungen, vor allem aber für B2C und zunehmend für B2B. Laut eines Berichts der ifh Köln in 2017 nutzten zu diesem Zeitpunkt 58 Prozent der befragten B2B-Unternehmen kein PIM-System als verbindliche Datenquelle - die Tendenz zur Nutzung hin war jedoch steigend. Durch das Zusammenwachsen des Online-Handels mit dem stationären Geschäft muss die Datenpflege stetig höheren Anforderungen gerecht werden.
Eine Kundin, die im Online-Shop eine Bluse kaufen will, bewertet das Produkt mit den Daten, die aus dem PIM kommen. Sie sind ihre Entscheidungsgrundlage. Schon aus diesem Beispiel lässt sich ableiten, wie wichtig eine hohe Datenqualität ist. Denn ausführliche Produktinformationen entlang der Customer Journey erleichtern eine Kaufentscheidung. Hierzu werden Shops benötigt, in welchen die Kunden mit Maßen, Bildern und technischen Detailinformationen versorgt werden. So lässt sich neben der Rationalisierung von vertriebsbezogenen Abläufen auch die Anzahl der Retouren niedrig halten.
Weiterführende Links:
- Eine kurze Einführung in die Welt des PIM
- Artikel: eCommerce im Wandel von C. Pelka
- PIM im eCommerce
- Blog: eCommerce und PIM